23.01.2025


Unterrichtsausfälle meist unter Landesschnitt
NRW-Schulministerium stellt Zahlen vor, Schulleiter der weiterführenden Schulen ordnen diese ein




Hemer. Das Ministerium für Schule und Bildung NRW hat erstmals detaillierte Zahlen vorgestellt, wie häufig der Unterricht plangemäß in Bildungseinrichtungen im Schuljahr 2023/24 stattgefunden hat. Zu nahezu jeder Schule in einzelnen NRW-Kommunen wurden die Daten erhoben.

Auf der Internetseite ist jede einzelne Schulwoche im Detail aufgeführt, hier wird sich jedoch zur besseren Übersicht auf das gesamte Schuljahr konzentriert. Nach der flächendeckenden Unterrichtsstatistik wurden im zurückliegenden Schuljahr insgesamt 93,8 Prozent der vorgesehenen Unterrichtsstunden in NRW erteilt. Was auf den ersten Blick nach einem hohen Wert aussieht, setzt sich im Detail aber nochmals aus mehreren Faktoren zusammen:
  • Unterricht gemäß Stundenplan
  • Unterricht in besonderer Form: Dieser ist verpflichtender Bestandteil des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrags. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Schulfahrten, Exkursionen, Projekttage, Praktika, Wettbewerbe, Schul- oder Sportfeste. Dies ist laut dem Schulministerium mit dem planmäßigen Unterricht im Klassenraum qualitativ gleichzusetzen.
  • Vertretungsunterricht bei unveränderter Lerngruppe: Um Unterrichtsausfall zu vermeiden, wird in der Primarstufe und der Sekundarstufe I häufig Vertretungsunterricht angesetzt.
  • Vertretungsunterricht bei veränderter Lerngruppe: Hierbei werden Lerngruppen zusammengelegt, aufgeteilt oder mitbetreut.
  • Distanzunterricht

Friedrich-Leopold-Woeste-Gymnasium


Bei näherer Betrachtung der Zahlen am Woeste-Gymnasium lässt sich feststellen, dass die Werte zumeist im NRW-Schnitt liegen. In der Oberstufe wird weniger auf Vertretungsunterricht, sondern auf EVA (Eigenverantwortliches Arbeiten) gesetzt, um Ausfälle zu vermeiden. Mit 10 Prozent liegt der Wert leicht unter NRW-Niveau (11,5 Prozent).

Sowohl in Sekundarstufe I als auch II liegt der erteilte Unterricht gemäß des Stundenplans etwa im NRW-Schnitt bei rund 79 Prozent. In beiden Stufen fällt der ersatzlose Ausfall im Vergleich deutlich geringer aus und liegt bei rund zwei Prozent. Hier kann über alternative Maßnahmen einiges aufgefangen werden. „Wir haben ein Vertretungskonzept ausgearbeitet, das in solchen Fällen greift“, erklärt Schulleiter Dr. Jörg Trelenberg und „als Ganztagsschule haben wir eine besondere Verantwortung, den Unterricht auch am Nachmittag sicherzustellen.“ Hauchdünn über dem Durchschnitt von 0,3 Prozent liegt der Distanzunterricht in beiden Sekundarstufen. Auf das Format, das als Maßnahme während der Pandemie entwickelt wurde, kann auch jetzt bei Unwetterlagen zurückgegriffen werden. „Als es einen Sturm gab, haben wir Videounterricht angeboten“, berichtet Trelenberg.

Ebenso überdurchschnittlich ist der „Unterricht in besonderer Form“, was ebenso dazu führt, dass die regulären Unterrichtsstunden nach Stundenplan geringer ausfallen, aber keinesfalls als „Ausfall“ gelten. Dazu gehören eine Vielzahl an Fachexkursionen, wissenschaftliche Vorträge und verschiedene Veranstaltungen beispielsweise zur Berufsorientierung. „Je aktiver eine Schule ist, desto weniger findet plangemäß statt. Das Leben ist eben mehr als im Stundenplan steht“, sagt der Woeste-Schulleiter.

Europaschule am Friedenspark

Auf dieses Konzept setzt auch die Europaschule. Außerordentlich hoch sind die Quoten in diesem Fall – sie übertreffen den NRW-Schnitt in etwa um das Doppelte. Die stellvertretende Schulleiterin Henrike Wittenbreder erklärt dazu, dass im Verlaufe des Schuljahres viele Projekt- und Thementage durchgeführt würden, auch die Durchführung einer Projektwoche könne sich in der Statistik bemerkbar machen. „Als Europaschule versuchen wir außerdem themenbezogene Angebote zu schaffen“, so Wittenbreder.

An der Europaschule findet dennoch überdurchschnittlich viel Unterricht planmäßig in beiden Sekundarstufen statt (beide liegen bei 78,3 Prozent). NRW-weit liegt der Wert bei den Gesamtschulen knapp über 70 Prozent. Auffällig ist, dass die Ausfallquote mit 3,6 Prozent deutlich höher liegt als in der Oberstufe, die mit 0,8 Prozent hingegen einen sehr niedrigen Wert verzeichnen kann. Beide Werte liegen auch hier jeweils deutlich unter dem Landesschnitt (7,8 und 3,9 Prozent). Wenn der Unterricht komplett ausfällt, haben die Schüler frei. „Sollte es dabei Betreuungsbedarf geben, sind wir immer bemüht, diesen sicherzustellen“, erklärt die stellvertretende Leiterin. In der Sekundarstufe II weicht der Wert des eigenverantwortlichen Arbeitens (EVA) deutlich ab. Mit 7,2 Prozent fällt er niedriger als im Rest des Bundeslandes aus (13,2 Prozent). Trotzdem wird auf dieses Format vermehrt gesetzt, Vertretungsunterricht findet laut Statistik nicht statt. Gerade bei EVA spiele der Schule hier die Digitalisierung in die Karten und erleichtere das selbstständige Arbeiten, wie Henrike Wittenbreder erklärt.

Hans-Prinzhorn-Realschule

Der planmäßige Unterricht beläuft sich bei der Realschule bei 74,6 Prozent und liegt damit etwa einen Prozentpunkt unter dem Durchschnitt des Landes NRW. Ebenso die anderen Werte, bei denen Vertretungs-, Distanz- und besondere Formate erhoben wurden, bewegen sich nah am Schnitt.

Die erhöhte Ausfallquote lässt sich einerseits mit der kleineren Zahl des Kollegiums begründen. „Wenn von 30 Lehrern drei ausfallen, macht sich das bereits deutlich bemerkbar“, erklärt Realschulleiter Lothar Czichos. Hinzu komme, dass es sich anders als beim Gymnasium und der Gesamtschule um eine Halbtagsschule handelt und durch Krankheit entstehende Lücken im Stundenplan nur schwer füllen können. „Die Kollegen sind vormittags zumeist durchgehend im Unterricht und können daher nicht immer vertreten.“

„Auch der Mangel an Lehrkräften beschäftigt alle Schulen“, führt Czichos weiter aus auch mit Blick in die Zukunft. An seiner Schule sind Stellen derzeit unbesetzt und es gibt Kollegen, die bald in Ruhestand gehen. „Gerade für MINT-Fächer ist es schwierig, Personal zu gewinnen. Viele zieht es eher in die Großstadt als aufs Land.“
Abweichungen beim planmäßigen Unterricht an Förderschulen

Förderschulen und Grundschulen

Zwar bewegen sich die Ausfallquoten an den Förderschulen im Durchschnittsbereich, eine deutliche Abweichung lässt sich beim Unterricht nach Stundenplan erkennen. Während der Wert in NRW bei 79 Prozent liegt, kommt die Wilhelm-Busch-Schule auf 52,5 und die Regenbogenschule auf 57,5 Prozent. Besonders bei Letzterer liegt der Anteil des Vertretungsunterrichts mit über 30 Prozent weit über dem Landesschnitt (8,3 Prozent). Auf einen deutlich höheren Wert kommen die besonderen Unterrichtsformen an der Wilhelm-Busch-Schule, die den Mittelwert um rund ein Vierfaches übertreffen.

Blickt man auf die Grundschulen, lassen sich nur kleinere Auffälligkeiten feststellen, die vom Landesschnitt abweichen. Bei etwas näherer Betrachtung gibt es dennoch einige markante Werte. Überdurchschnittlich viel Unterricht nach Plan werden an der Deilinghofener Schule und der Brabeckschule erteilt, während die Woesteschule exakt im Schnitt liegt (80,2 Prozent). Alle anderen Grundschulen weichen zwar nach unten hin ab, keine jedoch mehr als zehn Prozent.

Mit 72,9 Prozent erreicht die Wulfertschule den niedrigsten Wert, interessant ist an diesem Beispiel allerdings, dass sie die niedrigste Ausfallquote mit gerade einmal ein Prozent verzeichnet. Hier greifen die oben genannten Alternativen, um einen ersatzlosen Ausfall zu verhindern. Wer eine detaillierte Übersicht zu den einzelnen Schulen haben möchte, wird unter der Homepage des Schulministeriums fündig: https://www.schulministerium.nrw.de/BiPo/SchuleSuchen/.

IKZ vom 23.01.2025 (Jennifer Theis)