12.10.2021 |
||
---|---|---|
Das Andenken Eichendorffs pflegen
IKZ vom 12.10.2021
Hemer/Kreis Der
Dichter Joseph von Eichendorff ist ein wichtiges
Bindeglied in der 20-jährigen deutsch-polnischen
Freundschaft zwischen dem Märkischen Kreis und dem Kreis
Ratibor. Sein Geburtsort liegt in Lubowitz und sein
Ur-Ur-Enkel lebt in Hemer. Lea Galle, 15 Jahre alt und
Schülerin des Woeste-Gymnasiums, hat den Nachfahren des
Dichters Joseph von Eichendorff getroffen. Gemeinsam mit
ihrer Kursleiterin Andrea Müller-Kuhlmann und Ulla
Erkens, Pressereferentin des Märkischen Kreises, war sie
anlässlich des Partnerschafts-Jubiläums bei Georg
Freiherr v. Eichendorff Graf Strachwitz v. Groß Zauche
und Camminetz in Hemer zu Gast.
Mit ihrem Literaturkreis
hat Lea Galle vorher an einem Eichendorff-Projekt zum
20-jährigen Partnerschaftsjubiläums zwischen Ratibor und
dem Märkischen Kreis teilgenommen. Dabei ist ein kurzweiliger
Film entstanden, der ein Licht auf die Bedeutung
des deutschen Lyrikers Joseph Karl Benedikt Freiherr von
Eichendorff (*10. März 1788. + 26. November 1857) für
Schülerinnen und Schüler im polnischen Kreis Ratibor und
im Märkischen Kreis wirft.
„An Eichendorff als
Inbegriff des romantischen Lyrikers kommt heute kein
Abiturient vorbei“, erklärt Andrea Müller-Kuhlmann die
Motivation des Woeste-Gymnasiums, an dem Projekt
teilzunehmen. Auch die Aussicht, mit den Nachfahren von
Eichendorff ins Gespräch zu kommen, habe sie sehr
gereizt. „Unter Corona-Bedingungen konnten wir leider
auch dieses Jahr keinen deutsch-polnischen
Schüleraustausch organisieren. Mit dem kurzen
Filmbeitrag zum Partnerschaftsjubiläum am 1. Oktober
haben wir einen kleinen Ersatz geschaffen“, sagt Ulla
Erkens, Pressereferentin des Märkischen Kreises.
Produziert wurde der Film von Ingo Starink von Media4Web
in Lüdenscheid. Erkens ist dankbar, dass sich der
81-jährige Ur-Ur-Enkel des Dichters Zeit für die Fragen
der Schülerinnen und Schüler des Projekts genommen hat,
die Lea Galle stellvertretend für alle Teilnehmer
gestellt hat.
Gespräch mit Schülerin über die Familiengeschichte Und so schildern die
drei ihren Besuch bei Georg Freiherr v. Eichendorff Graf
Strachwitz: „Gut gelaunt winkt der drahtige Senior seine
Besucherinnen durch Garten und Küche ins gemütliche
Wohnzimmer. Beiläufig wischt er sich die Finger ab – er
hat vorher Pflaumen entsteint. Das Wohnzimmer ist
geschmackvoll und zugleich bodenständig eingerichtet.
Graf Strachwitz weiht Lea gleich in die
Familiengeschichte ein, erzählt von der Vertreibung aus
seinem Geburtsort Hünern, den Gefahren der Flucht, denen
seine ortskundige Mutter Elisabeth mit ihren elf Kindern
(ein Sohn war im Krieg gefallen) so gewitzt aus dem Weg
ging.
Zuerst aber fragt er Lea
nach seinem vollen Namen. Die Schülerin muss passen.
Georg Michael Paul Hubertus Maria Freiherr von
Eichendorff – Graf Strachwitz. Mit dieser Namenslänge
macht man sich bei Behördengängen keine Freunde. Es war
der Herzenswunsch seiner Mutter Elisabeth Gräfin
Strachwitz, dass sich ihr jüngster Sohn Georg von ihrem
kinderlosen Bruder Rudolf Freiherr v. Eichendorff
adoptieren ließ, um den Namen „Eichendorff“ in der
Familie weiter zu erhalten.
„Mit 20 Jahren hatte ich
keinen Bezug dazu. Mir war es eher lästig“, gibt der
Ur-Ur-Enkel des Dichters heute zu. Angesichts der großen
Aufmerksamkeit, die seinem Dichtervorfahren und somit
oft auch ihm und seiner Familie zu Teil wurde, fühlt er
sich heute stolz. „Allerdings habe ich auch das Gefühl,
dem nicht gerecht zu werden“, sagt er. Dankbar ist er
den vielen, oft ehrenamtlich Tätigen im Kreis Ratibor
und vor allem in Lubowitz, die das Andenken Eichendorffs
pflegen, die Eichendorff-Gedenkstätte in Lubowitz
unterhalten, die Schlossruine vor dem weiteren Verfall
bewahren und den Friedhof in Ordnung halten.
Zur Einweihung des Denkmals in Ratibor „Man hat mich oft zu
Vorträgen eingeladen. Ich war immer sehr gerne in
Schlesien. Heute nimmt solche Termine mein Sohn Georg
wahr. Wie Eichendorff ist er Jurist und sehr
redegewandt“, erzählt der 81-Jährige und erinnert sich
an eine kleine Anekdote bei der Einweihung des
Eichendorff-Denkmals in Ratibor. Mit seiner Frau, der
Goldschmiedin Uta Gräfin von Strachwitz, und seinen vier
Kindern Georg, Elisabeth, Martin und Maria war er zu dem
Festakt eingeladen. Seine Kinder waren sehr beeindruckt
und eingeschüchtert davon, wie sehr sie dort als
Eichendorff-Familie hofiert wurden. „Beim Eintrag in das
Goldene Buch drehte sich mein Sohn Martin auf einmal um,
und fragt mich völlig verunsichert: ‚Schreibt man
Eichendorff mit einem oder zwei f?‘“, sagt Graf
Strachwitz schmunzelnd.
Übrigens führen auch die
Töchter den Namen Freiin von Eichendorff weiter. Elf
Enkelkinder sorgen dafür, dass die Linie nicht so
schnell erlischt und der stolze Großvater jung bleibt.
Auf die Frage nach seinem Lieblingsgedicht zitiert der
Senior folgenden Vers:
„Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und
fort,und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das
Zauberwort.“ |