Spätestens 1590 war auch
die Vituskirche lutherisch
- Ralf Engel berichtet
am 21.10.2017 im IKZ über einen Vortrag von
Theologie-Professor Dr. Michael Basse -
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Über die
Reformation in der Grafschaft Mark informierte
Prof. Dr. Michael Basse im Woeste-Gymnasium
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Der Theologie-Professor Dr. Michael Basse informierte
über die Reformation, die religiöse und politische
Motive verknüpfte.
Die Vituskirche war nach ihrem Abriss über Jahrhunderte
weitestgehend aus dem Bewusstsein der Hemeraner
verschwunden. Dass sie ein heimischer Ort der Reformation
war, daran erinnerte nicht nur die Einweihung der
Fundament-Nachbildung am Haus Hemer, sondern auch ein
Vortrag von Professor Dr. Michael Basse über die
Einführung der Reformation in der Grafschaft Mark.
Der Direktor des Instituts für Evangelische Theologie an
der Universität Dortmund war auf Einladung des Gymnasiums,
des Bürger- und Heimatvereins, der
evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde und des
katholischen Pastoralverbundes nach Hemer gekommen, auch
dies war schon ein Zeichen ökumenischer Verbundenheit,
oder wie Prof. Dr. Jörg Trelenberg es formulierte: „Die
Reformation wird mehr und mehr als gemeinsame Geschichte
begriffen.“ Das sie keineswegs ein abgelegtes Thema sei,
belegten Umfragen, in denen die Deutschen Luther als
zweitwichtigsten Deutschen und die Bibel als
zweitwichtigstes Buch einstuften. Auch die
Besucherresonanz mit rund 150 Zuhörern – darunter die
Geschichtsleistungskurse – spiegelte dies wider.
Wie sehr bei der Reformation religiöse Motive mit
politischen Interessen verknüpft wurden, aber auch wie
sehr Persönlichkeiten und das Engagement der Gläubigen die
Entwicklung selbst in benachbarten Städten unterschiedlich
beeinflussten verdeutlichte Michael Basse.
Deutliche Grenze zwischen den Herzogtümern
Hemer gehörte damals zur Grafschaft Mark im Herzogtum
Jülich-Kleve-Berg. In den Vereinigten Herzogtümern wurde
ganz im Gegensatz zum streng katholischen Herzogtum
Westfalen, zu dem Menden gehörte, eine mittlere und
mitunter schwankende Linie zwischen dem Katholizismus und
dem Luthertum verfolgt. So gehörte Iserlohn 1524 zur
ersten Stadt in der Grafschaft, in der im reformatorischen
Sinne gepredigt wurde. 1530 strahlte die Reformation auf
die gesamte Grafschaft aus. Auch gegen den Widerstand des
Rates konnten Bürger evangelische Predigten durchsetzen.
Das Abendmahl in „beiderlei Gestalt“, also mit Empfang von
Brot und Wein für alle, wurde gefeiert. Viele Beispiele
nannte Basse aus Dortmund, wo die Quellenlage besonders
gut ist. Die Patrizier und Zünfte verbanden ihre
politischen Interessen mit den religiösen.
„Die Reformation vollzog sich von unten, Gemeinden
ergriffen die Initiative“, berichtete Michael Basse. Wann
eine Gemeinde noch altgläubig, wann schon lutherisch
geworden sei, sei mitunter schwierig zu terminieren. So
wird in Hemer das Jahr 1557 als Reformationsjahr
angegeben. Unter Pfarrer Peter Matthiae wurde Sankt Vitus
wohl zunächst wieder katholisch, um dann 1590 lutherisch
zu werden. „Es hing auch ganz wesentlich von der
Persönlichkeit eines Pfarrers ab“, sagte der Theologe.
Auch auf die Zeit der Konfessionalisierung ging Basse ein.
„Die Abgrenzung wurde wichtiger, als die Wahrnehmung des
Gemeinsamen oder die Toleranz des Anderen“, sagte er. Mit
Blick auf Gegenwart und Zukunft stellte er die Frage zur
Diskussion. ob Identität und Toleranz miteinander
verknüpfbar seien.
Text und Bild: Ralf Engel
/ IKZ vom 21.10.2017
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