Unfallschicksale berühren
junge Autofahrer
- Mit schockierenden
Bildern und Berichten mahnt „Crah Kurs NRW“ vor Gefahren
im Straßenverkehr -
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Die Polizei mit der Aktion Crash Kurs NRW
zu Gast am Woeste-Gymnasium: Notarzt Werner
Heisig,
Feuerwehrmann Andre Möller, Polizeihauptkommissar
Andreas Filthaut, Unfallopfer Nino Arra,
Polizeihauptkommissarin Kerstin von Rüden,
Notfallseelsorger Ulrich Slatosch berichten über
ihre Erfahrungen
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Im Rhythmus des Herzschlags erscheinen die Vornamen von
jungen Unfalltoten auf der Leinwand. Während „Geboren um
zu leben“ von Unheilig aus den Lautsprechern erklingt,
reihen sich Fotos von Unfallwracks aneinander. Spätestens
nach diesem filmischen Einstieg kann man in der Aula des
Woeste-Gymnasiums eine Stecknadel fallen hören. Diese
bedrückende Stimmung, diese Aufmerksamkeit und
Betroffenheit hält sich für 90 Minuten. „Crash Kurs NRW –
Realität erfahren. Echt hart“ berührt Jugendliche der 10.
und 11. Klasse und zeigt ihnen vor allem anhand
persönlicher Schilderungen die tödlichen Gefahren zu
schnellen Fahrens auf.
Bilder und Vergleiche
bleiben im Kopf
Im Mittelpunkt der modernen Unfallprävention stehen
Menschen, die „die tägliche Realität erleben“, wie es
Moderator Andreas Filthaut formuliert. Der
Polizeihauptkommissar setzt auf Bilder und Vergleiche, die
im Kopf bleiben. Wenn in der Aula die ersten beiden
Schülerreihen aufstehen sollen, dann stehen die Mitschüler
für die 46 jungen Erwachsenen, die 2016 im Märkischen
schwer verletzt oder getötet wurden.
Ein weiteres anschauliches Beispiel: In einer Sekunde
Ablenkung durch das Handydisplay hätte ein Fahrer die
kompletten Zuschauerreihen im Blindflug durchrast. Dies
alles passiere, weil Regeln im Straßenverkehr nicht oder
teilweise bewusst nicht beachtet würden, mahnt der
Polizeihauptkommissar. Doch an diesem Morgen geht es nicht
um erhobene Zeigefinger und anonyme Statistiken. Es kommen
fünf Menschen zu Wort, die mit den Folgen von Unfällen
konfrontiert werden und mit ihnen leben müssen. Sie
erzählen, was ihnen widerfahren ist, was sie gefühlt haben
und welche Belastungen durch einen Unfall entstehen
können. Die Akteure verdeutlichen aber auch schonungslos
ihre eigenen Grenzen.
Polizeihauptkommissarin Kerstin von Rüden berichtet über
einen Unfall 2011 in Plettenberg, bei dem ein Auto mit
hoher Geschwindigkeit gegen eine Felswand geschleudert
wurde. Vier junge Leute wurden eingeklemmt, ein Mitfahrer
starb am Unfallort. „Es waren wenige Sekunden, die für
alle dramatische Folgen haben. Die Angehörigen zu
verständigen, ist eine der schlimmsten Aufgaben der
Polizei“, berichtet sie.
Eingeklemmte Unfallopfer
aus Wrack befreit
Feuerwehrmann André Möller aus Hemer schildert einen
schweren Unfall 2011 auf der Landhauser Dorfstraße, bei
dem ein Auto einen Strommasten umfährt und sich
überschlägt. Vier Insassen wurden verletzt, die Feuerwehr
benötigte 45 Minuten, um eine eingeklemmte Person mit
Wirbelsäulenverletzung zu retten. Mit einem
Rettungshubschrauber kam er in eine Spezialklinik und hat
überlebt.
Im Kopf des Hemeraner Notarzt Werner Heisig haben sich
eine Menge schlimmer Bilder angesammelt. „Wir müssen immer
wieder akzeptieren, dass wir nicht jedes Leben retten
können“, sagt er und nennt als Beispiel einen Unfall in
der Läger, bei dem der Bruder des Fahrers durch überhöhte
Geschwindigkeit ums Leben gekommen ist. Den Blick in die
toten Augen des Jungen, in Augen, die erloschen seien,
könne man nicht vergessen. Wie schwierig das Leben mit
solchen Eindrücken nach Einsätzen für die Beteiligten ist,
schildert Notfallseelsorger Ulrich Slatosch.
Der letzte Augenzeuge ist ein Betroffener. Nino Arra aus
Balve sitzt seit einen schweren Motorradunfall im
Rollstuhl. Er vermittelt eindringlich, welche Konsequenzen
ein Verkehrsunfall mit sich bringen kann, wenn plötzlich
nichts mehr ist, wie es war. Er erinnert an das Aufwachen
im Krankenhaus, wie es ist, an Apparaten und Schläuchen zu
hängen und seine Beine nicht mehr bewegen zu können. Durch
den Unfall habe sich sein ganzes Leben geändert, durch das
Handicap habe er auch Freunde verloren.
In wenigen Sekunden
zerplatzen Lebensträume
Crash Kurs NRW macht den Zuschauern eindringlich klar,
dass innerhalb weniger Sekunden alle Lebensträume
zerplatzen können. Damit dies nicht geschieht, sollen die
Jugendlichen aufgerüttelt werden und die Überzeugung
verinnerlichen: Das Leben ist viel zu wertvoll, als das
man es durch eine risikoreiche Fahrweise aufs Spiel setzen
sollte. Weniger Jungendliche Verkehrsopfer sind der
Erfolg, auf den Crash Kurs abzielt.D
Text und Foto: Ralf Engel
/ IKZ vom 13.10.2017
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